Südkurier Friedrichshafen 21.12.2009
"Es wird rasant, abwechslungsreich und sehr beeindruckend", hat Norbert Schramm dem Publikum im Graf-Zeppelin-Haus am Freitagabend versprochen. Der Profiweltmeister im Eiskunstlauf und Stargast des "Moscow Circus on Ice" hat Wort gehalten. Vom ersten Kalinka bis zum letzten Kasatschok haben rund 30 Artisten ein Feuerwerk an Akrobatik, Glamour, Eiskunstlauf, Show und Jonglage abgebrannt, das jeden Gletscher zum Schmelzen gebracht hätte. Das "Eis" im Hugo-Eckener-Saal hatte allerdings Zimmertemperatur und war aus demselben Plastik, wie man es vom Schneidebrettchen in der heimischen Küche kennt. Das merkte aber keiner, denn mit der richtigen Dosis Bühnennebel und blauem Licht war schnell ein frostiges Bühnenbild geschaffen, so echt, dass man beim Anblick der Eisprinzessinnen im Mini-Mini-Röckchen Gänsehaut bekommen konnte.
Welches Material nun die größere Herausforderung für einen Eiskunstläufer ist, blieb ungeklärt. Eine riesige Herausforderung stellte jedenfalls die Bühne im Hugo-Eckener-Saal dar. Im Vergleich mit einem Eisstadion muss sich das wie Schlittschuhlaufen in der Badewanne anfühlen. In der Tat konnten die Clowns Andrej und Alexej beim "Fang-den-Hut"-Spiel mit dem Publikum ein paar Mal nur noch unter Einsatz aller Körperkräfte am Bühnenrand abbremsen und dabei auch noch mit triumphierendem Gesichtsausdruck das eigenwillige Flugobjekt erhaschen. "Schwanensee" scheiterte allerdings weniger an der Bühnengröße, als an der Grazie um die sich der pummelige Clown im Tütü verzweifelt bemühte – sehr zum Vergnügen der Zuschauer.
Als Rosenkavalier "Tango Franz" hatte er einst Königin Margarete bezirzt und was in Dänemark funktionierte, klappte auch in Friedrichshafen. Sogar als Holzhacker in Lederhosen kam Norbert Schramm noch bestens beim Publikum an. Abgesehen von den Revuenummern in glamourösen Kostümen, für die der Platz auf der Bühne kaum reichte, setzte das Zirkusensemble mehr auf vertikale Akrobatik, als auf komplizierte Eislauffiguren. Waghalsige Trapeznummern wechselten daher mit spikesbereiften Hoch- und Einradvorstellungen, Glitzerkeulen- und Diabolo-Jonglage mit Zaubertricks. Spielerische Eleganz am Vertikalseil und ungläubiges Staunen bei der Umkleidekünstlerin, die es tatsächlich schaffte, passend zu jeder Melodie in weniger als drei Sekunden das Kostüm zu wechseln – wohl bemerkt das alles mit Schlittschuhen an den Füßen. Letzteres war ein Trick, der auch hinter der Bühne bestens funktioniert, wie Schramm dem Publikum verriet, denn dort werden pro Show rund 300 Kostüme an- und wieder ausgezogen. Für spektakuläre Auftritte bot sich Schwarzlicht an: Würfel, Bälle und Pyramiden aus neonfarbenen Plastikrohren entwickelten Eigenleben in der Rotation und die Indianerfransen am Körper der wirbelnden Eisläufer sorgten für faszinierende Effekte. Wunderbar auch das große Finale, bei dem sich fast alle Artisten auf der Bühne zum kollektiven Seilspringen in Landestracht versammelt haben. "Kasatschok und Rock'n Roll", tönte es dazu aus den Lautsprechern – es hätte als Motto über der ganzen Show stehen können. Am Ende war die (Plüsch)Kuh vom (Plastik)Eis und das Publikum, das schon eifrig bei den Tanznummern mitgeklatscht hatte, ganz aus dem Häuschen. (afr)
Quelle: Südkurier.de